Lúcio Paulo Puwalla - Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Ambiguous: A Collection About Adoption and the Sense of Belonging – Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Adoption ist Fluch und Segen zugleich. Nicht-Adoptierte können sich an Geschichten erinnern, die
ihnen ihre Eltern erzählt haben und sie würden diese vergangenen Geschichten als
selbstverständlich ansehen. Aber, die meisten Adoptierten haben, diese Art von Geschichten nicht.
In meinem Fall sehe ich weder aus wie meine Adoptiveltern noch wie irgendjemand in meiner
Gemeinschaft. Meine Eltern sind Deutsche und 1996 haben sie mich in Brasilien adoptiert. In
Brasilien gab es keinen Designkurs, den ich besuchen konnte, also begann ich mir das Modedesign
selbst beizubringen. Für mich bedeutete das Zeichnen nicht nur Spaß, sondern eine Art
Lebensinhalt. Es war das kulturelle Highlight in meinem Leben, denn die Angebote in einer
Kleinstadt im brasilianischen Nordosten sind sehr begrenzt.
An einem bestimmten Punkt in meinem Leben wurde ich mit Fragen konfrontiert, die ich
mit noch mehr Fragen zurückließ. Nicht zu wissen, wer du bist, kann Spuren von Depression,
Unsicherheit und mangelndem Selbstwertgefühl hinterlassen. Es fühlt sich an, als würde etwas in
dir fehlen, es ist wie ein fehlendes Puzzleteil, damit das Bild ganz wird.
Ich wollte immer jemanden in meinem Leben haben, der so aussieht wie ich, der weiß, wie
sich meine Situation anfühlt, der mir beibringt, wer ich bin. Aber wie geht man damit um, wenn
man das Gefühl hat, zu zwei Familien zu gehören, sich aber in keiner richtig zu Hause fühlt.
Im Rahmen meines Studiums merkte ich, dass ich gerne von persönlichen Geschichten
inspiriert werde. Der Gedanke hinter meiner Kollektion ist mein persönlicher Wunsch, Antworten
auf meine Biografie zu finden. Ich stellte mir vor, auf eine Reise zu gehen, vielleicht allein,
vielleicht mit Leuten, die ich gerade erst kennengelernt habe, die ebenfalls adoptiert sind und wenig
Wissen über sich selbst haben und beschließen, die fehlenden Puzzleteile gemeinsam zu finden. Wir
packen unsere Koffer und nehmen nur das Nötigste mit. Wir wissen nicht, wo die Reise endet, aber
wir wissen, wo wir anfangen sollen.
Diese Kollektion verfolgt einen emotionalen Ansatz und feiert Adoption, Vielfalt, Identität,
Einzigartigkeit und was es bedeutet, keine klaren Informationen darüber zu haben, wer wir sind,
und diese Lücken in unserem Leben zu füllen, indem wir nach Antworten suchen.
Wenn etwas so Persönliches geteilt wird, kommt es bei vielen verschiedenen Menschen auf
besondere Weise an. Sie erkennen sich in deiner Geschichte wieder, sehen sich in deiner Kollektion
oder sind in ähnlichen Verhältnissen aufgewachsen und antworten: „Das hat mich an diese Zeit in
meinem Leben erinnert“. Es ist schön, verschiedene Leute sagen zu hören: „Das hat es für mich
bedeutet“, „Das habe ich davon“ und ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Je persönlicher man ist,
desto aussagekräftiger wird das Endprodukt.