Damian Ohl - Weißensee Kunsthochschule Berlin
BONDO – Weißensee Kunsthochschule Berlin
Die Kollektion „Bondo“ ist eine Sammlung von Geschichten der Mitglieder
der Geheimbünde in Sierra Leone, die ich im Laufe meiner Aufenthalte
kennen lernen durfte. „Bondo“ ist ein Ritual, bei dem junge Mädchen in
der Mitte der Bondo Gesellschaft willkommen geheißen werden. Sie werden
von den Älteren auf das künftige Leben als Ehefrau, Mutter und Schwester
vorbereitet. Lieder, Tänze und handwerkliche Fertigkeiten sowie das
Wissen um die Geschichte und Tradition werden an die nächste Generation
weitergetragen. Fernab von Städten, Außenstehenden – und vor allem
Männern – wird Bondo im verborgenen Dschungel praktiziert.
Durch meine persönliche Interpretation der Erzählungen einiger Mitglieder
entstand eine Kollektion, die uns „Außenstehende“ einlädt, in eine fremde
Welt einzutauchen. Jeder Look der Kollektion verkörpert eine Emotion bzw.
Erfahrung, der unsere persönliche Vorstellungskraft fordert.
Zusammenhalt, Spaß, Liebe, Verletzlichkeit, Hierarchien, etc. kommen
hierbei gestalterisch zum Ausdruck. Hart-Weich-Kontraste, sowie eine
große Farb- und Materialvielfalt, spiegeln die Komplexität der Thematik
wieder. Interpretiert und ausgedrückt durch selbst entworfene
Digitaldrucke, traditionell gefärbte Stoffe und die Anwendung
interessanter Form- und Linienführungen, ergeben auch gestalterisch einen
interkulturellen Austausch.
Die Kollektion ist das Ergebnis interkultureller Zusammenarbeit zwischen
Organisationen aus Deutschland und Sierra Leone. Die Aktivistin Rugiatu
Neneh Turay setzt sich seit Jahrzehnten für die Bekämpfung von
Genitalverstümmelung ein, mit denen der Aufnahmeritus in die Bondo
Society einhergeht. Indem sie mich in ihre Arbeit einführte, lernte ich
rasch, dass „Bondo“ weitaus mehr ist, als eine blutige Zeremonie. Die
Verbindungen der Frauen sind ein wichtiges soziales Konstrukt, das ihnen
Halt gibt. Aus diesem Grund beleuchtet die Kollektion die Bedeutung und
Wichtigkeit der Geheimbünde.
About me
Nach Beendigung meiner Schneiderlehre und der Ausbildung zum
bekleidungstechnischen Assistenten in Krefeld, zog ich nach Berlin, um
mich an der Weißensee Kunsthochschule Berlin zu bewerben. Während meines
Modedesignstudiums beschäftigte ich mich in unterschiedlichen Projekten
mit der Textilindustrie verschiedener afrikanischer Länder, bis ich mich
im Mai 2019 dazu entschied mein Praxissemester in Sierra Leone zu
verbringen, um an einem Aufbauprojekt unter der Leitung der Aktivistin
Rugiatu Neneh Turay teilzunehmen. Die Arbeit vor Ort inspirierte und
veranlasste mich, meine finale Kollektion hier in Deutschland und Sierra
Leone umzusetzen. Nach meiner zweiten Rückkehr im Juli 2020, machte ich
meinen Abschluss.