Christian Nemnich, BA - Hochschule Pforzheim
wool venture – Hochschule Pforzheim
Christian Nemnich studiert Mode im Bachelor an der Hochschule Pforzheim. In
seier Arbeit beschäftigt er sich mit dem Rohstoff Wolle. Dabei hat er eine Technik
entwickelt, die das Molden von Wollfilz erlaubt. Dies ermöglicht das Fertigen von
Filzkleidung ohne dabei Abnäher zu benötigen. Durch weitere Techniken können
diese Filzformen aneinandergefilzt werden und somit komplett ohne Garn hergestellt
werden. Dies ermglicht es Schritte wie das Weben und Spinnen in der Lieferkette
zu überspringen und somit das Material kostenattraktiver und Umweltschonender
zu machen.
In vorheriger Forschung wurde eine Technik entwickelt, die es ermöglicht durch
das Filzen von Schafwolle und das darauffolgende bearbeiten mit Hitze und
Feuchtigkeit, die entstehenden Flächen in Formen zu molden. Weitere Techniken
ermöglichten es, das Nähen mit einem Garn zu ersetzen und Filzteile durch Nadelfilzen
zu verbinden. Potenziale dieser Forschungsversuche wurden erkannt als das
Erstellen von Kleidungsstücken aus bis zu 100 % Wolle, dem Ersetzen und Überspringen
von einzelnen Schritten in der Supply Chain in der Bekleidungsindustrie
und der Werteschöpfung eines bereits vorhandenem Rohstoffes.
Aus den Erkenntnissen dieser Forschung ergab sich die Frage nach der Fertigbarkeit
von Kleidungsstücken und ob diese Techniken Möglichkeiten bieten können,
Wolle zu einer neuen Ästhetik zu verhelfen. Dafür wurde für die aktuelle Forschung
eine gradierbare, modulare Moldingform konzipiert und erstellt, die als Werkzeug
für die Technik des Moldings dienen sollte.
Aus der Arbeit mit dieser Form wurden Samples und daraus folgend ein Prototyp
einer Jacke entwickelt, die gänzlich durch Techniken des Filzens und Moldens gefertigt
wurden.
Da Wolle seit Jahrtausenden von Menschen für Kleidung und andere Bereichen
genutzt und verarbeitet wird, gibt es ein großes Wissen über das Material. Somit
kann Forschung durch interdisziplinäres Arbeiten mit allen Akteuren im Bereich
von Wolle, das Erkennen von Werten und das Schöpfen dieser durch neue Erkenntnisse
ermöglichen.
Dies könnte Wolle auch zu einer neuen Wertigkeit im Konkurrenzkampf mit anderen
Fasern verhelfen. Seit den 1950ern und vor allem seit den 1990ern ist ein Rückgang
der Wollfaser und anderen natürlichen Fasern zu bemerken. Dies lässt sich
auf das Aufkommen von synthetischen Fasern zurückführen, die häufig günstiger
herzustellen sind und viele Eigenschaften für eine gute Verarbeitung bieten. Dabei
basieren diese synthetischen Fasern häufig auf Erdöl oder anderen nicht regenerativen
Rohstoffen. Der Abbau und die Fertigung dieser Fasern sind häufig mit
großer Umweltbelastung verbunden.
Wolle hingegen ist ein regenerativer Rohstoff, der bei richtiger Gewinnung und
Verarbeitung die Möglichkeit besitzt, einen zu anderen Fasern vergleichbar geringe
Umweltauswirkungen zu erzeugen. Dies kann durch optimierte Landwirtschaft
und der Gewinnung von Wolle, durch das Optimieren von Fertigungsprozessen
und Faktoren wie der guten Recyclebarkeit erreicht werden. Neben der Recyclebarkeit
hat Wolle weitere einzigartige Eigenschaften, die sie zu einem relevanten
Material für die Industrie machen.
Durch das Schaffen eines neuen Schnittsystems, welches das Erzeugen von Kleidung
durch Molding von Flächen auf Werkzeugen ermöglicht, anstatt auf Formung
von Flächen durch Abnäher zu basieren, könnten neue Fertigungsprozesse Anklang
finden. Durch das Erstellen von Werkzeugen durch computer-aided softwares
könnten Werkzeuge entstehen, die modular und variabel sind. Robotische
Unterstützung hat das Potenzial die direkte Fertigung von Kleidung durch Molding
zu unterstützten und somit einen Weg für digitale unterstützte Fertigung von Kleidung
zu ermöglichen.